Videogrußwort von Präsidentin von der Leyen zum 8. Ordentlichen Gewerkschaftskongress der IGBCE

Sehr geehrter Herr Vassiliadis,

sehr geehrte Mitglieder des geschäftsführenden Hauptvorstandes und des Hauptvorstandes,

sehr geehrte Delegierte,

zuallererst Herzlichen Glückwunsch Wiederwahl, lieber Herr Vassiliadis, und gutes Gelingen.

Ich freue mich, virtuell bei Ihnen zu sein. Ihre Industrien sind eine treibende Kraft für die deutsche und die europäische Wirtschaft. Sie machen 10 Prozent des deutschen Bruttoinlandsprodukts aus. Sie haben eine stolze Tradition des Fortschritts: Zum Beispiel mit der synthetischen Herstellung von Ammoniak – Deutschland revolutionierte die weltweite Nahrungsmittelproduktion. Es erfand Aspirin. Und künstlichen Kautschuk. Von Energie bis Keramik, von Kunststoffen bis zum Recycling. Generationen von Beschäftigen haben für Wohlstand gesorgt, und tun es weiter. Aber ich weiß natürlich auch, wie enorm der Druck ist - auf zigtausende Betriebe, Millionen Beschäftigte und ihre Familien. Der globale Wettbewerb und die Krisen wirken direkt. Russlands Krieg – die Mondpreise nach Putins Gas-Stopp waren verheerend. Die Dekarbonisierung – anspruchsvoll, aber notwendig - und eine große Chance für eine neue Welle der Innovation. Aber um uns zu behaupten, müssen wir die Veränderung selbst in die Hand nehmen. Europa steht dabei mit voller Kraft hinter Ihnen.

Lassen Sie mich drei wichtige Punkte ansprechen. Erstens: Wir müssen unsere Wettbewerbsfähigkeit stärken. Vor allem, weil sie den Menschen dient – ihrem Glück, ihrer Sicherheit, ihrer Möglichkeit, das eigene Leben zu bestimmen. Das ist ja der Kern unserer sozialen Marktwirtschaft, unseres europäischen Weges. Als Gewerkschaft sind Sie unverzichtbar. Besonders in dieser Umbruchszeit. Sie kennen die Sorgen der Beschäftigten. Sie wissen, welche Regeln ein Update brauchen. Wir können die Umbrüche nur mit einer starken Sozialpartnerschaft meistern. Und nur, wenn wir den Übergang sozial, fair und gerecht gestalten.

Mein zweiter Punkt: Entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit sind die Energiepreise. Wir haben die Gaspreiskrise überwunden. Aber die Strompreise sind im internationalen Wettbewerb viel zu hoch. Gerade in Deutschland. Mehr Erneuerbare Energien und der Ausbau der europäischen Netzinfrastruktur sind notwendig. Nur – die globalen Wettbewerber warten nicht. Natürlich müssen wir einen Subventionswettlauf in Europa verhindern. Aber viele energieintensive Verbraucher brauchen zügig Entlastung. Deshalb haben wir den staatlichen Beihilferahmen für den Clean Industrial Deal geschaffen. Und wir prüfen, wie ein Industriestrompreis genehmigt werden kann.

Mein dritter Punkt ist Europas Unabhängigkeit. Dafür ist Ihre Arbeit entscheidend. Jeder wird sich an den Mangel an Fiebersäften und Antibiotika erinnern. Solche Engpässe können wir uns nicht leisten – weder bei Medikamenten noch bei kritischen Chemikalien. Sie erinnern sich, lieber Herr Vassiliadis, an unseren strategischen Dialog im Mai. Nur zwei Monate später haben wir einen Plan für die Stärkung der chemischen Industrie vorgelegt. Bis Ende des Jahres werden wir die Leitlinien für staatliche Beihilfen aktualisieren, um die Stromkosten für mehr Chemieunternehmen zu senken. Genauso wichtig: Pharma. Zu Jahresanfang haben wir ein Gesetz über kritische Arzneimittel vorgeschlagen. Parallel vereinfachen wir jetzt die Zulassung neuer Arzneimittel – und wahren die hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Ich hoffe, dass die Verhandlungen mit Parlament und Rat Ende des Jahres durch sind. Denn wir müssen die strategisch wichtigen Industrien in Europa halten und hier produzieren.

Sehr geehrte Delegierte,

die Herausforderungen sind riesig, die Zeit drängt. Deshalb müssen wir gemeinsam handeln: Gewerkschaften und Industrie. Mitgliedstaaten und Europa. Damit wir unsere stolze Industrietradition erfolgreich in die Zukunft führen. Sie wissen mich an Ihrer Seite.

Ich danke Ihnen. Und ich wünsche Ihnen einen sehr erfolgreichen Kongress.